Insbesondere die Älteren unter uns kennen noch heute die Namen von Werbefiguren, die sich im allgemeinen Bewusstsein eingebrannt haben. Da gab es eine Tilly, eine Klementine, den Marlboro-Mann, den kahlköpfigen Meister Proper oder der knuddelige Bär, der für eine bekannte Kaffeemilch warb – sie alle haben uns über viele Jahre im Werbefernsehen begleitet und ihre beworbenen Produkte unsterblich gemacht. Aber wie kam es dazu, eine lila Kuh für Milka-Schokolade werben zu lassen? Noch dazu in einer Zeit, als die meisten Haushalte noch gar nicht über Farbfernsehgeräte verfügten?
Von der Idee zum Konzept
Es war im Herbst 1971. Art Director Sandor Szabo von der Werbeagentur Young & Rubicam grübelt über eine zu planende Kampagne für Milka, einer Marke der Suchard-Schokoladenwerke. Diese hatte er besucht, und ihm war aufgefallen, dass in dem Unternehmen alles lila war – von der Kaffeetasse bis zum Treppengeländer. Ihm war bewusst, dass es sich um eine ganz besondere Werbekampagne handeln musste, da man ihm ein ungewohnt großes Budget in Aussicht gestellt hatte. Auf der Heimfahrt im Zug von Lörrach nach Frankfurt kam ihm der Einfall: Beim Blick aus dem Abteilfenster sieht er grasende Kühe auf einer Weide. Und es war ihm sofort klar: „Wir machen eine lila Milka-Kuh.“
Suchard ist von der Idee hellauf begeistert. Aber es dauert lange, bis eine entsprechend eingefärbte Kuh ihren ersten Werbeauftritt hat.
Die erste Milka-Kuh hieß Adelheid
Wie es sich herausstellte, war es schwierig, eine geeignete und makellose Kuh zu finden, die den Ansprüchen der Werbefachleute genügte. Nachdem man im Appenzeller Land mehrere Viehbauern besucht hatte, stieß man auf Adelheid, ein Prachtexemplar von Kuh, mehrfach ausgezeichnet und preisgekrönt. Die Hörner wunderbar symmetrisch, die Stirn breit und weiß, das Euter prall.
Die ersten Werbefotos sind schnell gemacht, und im Fotolabor werden die Bilder für die ersten Print-Anzeigen farblich retuschiert – eben von braunweiß zu lila. Problematischer waren allerdings die Filmaufnahmen für das Werbefernsehen. Hier behalf man sich, indem man Adelheid unter tierärztlicher Aufsicht mittels Schablonen und wasserlöslicher Farbe das berühmte blauweiße Farbmuster aufbrachte. Diese Prozedur dauerte jeweils viele Stunden, da die Farbe derart empfindlich war, dass sie bei jeder Bewegung buchstäblich wieder abfiel. Bei einer schwanzwedelnden Kuh somit kein einfacher Vorgang.
Die Milka-Kuh hatte viele Darstellerinnen
Nach Adelheid kamen im Laufe der Jahre viele Nachfolgerinnen. Eine traurige Berühmtheit hat eine Kuh namens „Schwalbe“ erlangt, die im Schweizer Simmental beheimatet war. Als diese ein gewisses Alter erreicht hatte, sollte sie geschlachtet werden. Als dies durch die Presse bekannt wurde, hagelte es Protestbriefe und Drohanrufe bei dem Viehbauern. Irgendwann erhielt Schwalbe dann doch ihr Gnadenbrot – wie es heißt, von ihrem ehemaligen Auftraggeber persönlich. Dieser streitet es allerdings bis heute ab.
Milka und der Bekanntheitsgrad
Gemäß vielen Umfragen von Werbetreibenden kennen bis heute ca. 98 Prozent aller Deutschen die lila Milka-Kuh. Bei einer landesweiten Malaktion in Bayern kam es vor, dass beinahe jedes dritte Kind eine einzufärbende Kuh auf einer Malschablone lila einfärbte. Ob die Kinder allerdings glaubten, dass es tatsächlich lila Kühe gebe, wurde dabei nicht hinterfragt.